Wie sähe eine Welt aus, in der sich Sprachen nicht selbst entwickeln sondern entwickelt werden? Das Sprachlabor Babylon ist der führende Entwickler auf dem Markt. Kunstsprachen wie „Hochleistungsdeutsch“ oder „Überzeugungszunge“ sind seine erfolgreichen Produkte, die sich der Kunde direkt vom Mobiltelefon in das Sprachzentrum des eigenen Gehirns übertragen lässt. Für jede Lebenssituation die passende Sprache. Wer sich die teuren Sprachprodukte nicht leisten kann, ist auf die öffentlich subventionierte Sparsprache angewiesen. Und deren Verteilung wird streng rationiert – denn „Wortschatz“ hat buchstäblich mit Reichtum zu tun. Aber auch die Sprachwirtschaft ist anfällig für Krisen und subversive Verbalattacken…
Sprachlabor Babylon erhielt den Kurd-Laßwitz-Preis 2012 und war nominiert für den Deutschen Hörbuchpreis 2014.
Mit Lavinia Wilson, Matthias Matschke, Maren Kroymann, Daniel Wiemer, Detlev Blanke, Quio u.a.
Text: Till Müller-Klug
Regie: Thomas Wolfertz
Musik: Ekkehard Ehlers und Quio
Dramaturgie und Redaktion: Isabel Platthaus
Gefördert durch ein Stipendium der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen.
Länge: 49 Min.
Produktion: WDR, Ursendung: 17.05.2011
“In den von Regisseur Thomas Wolfertz rasant geschnittenen Dialogen, die durch Ekkehard Ehlers’ wunderbar abgehackten Elektro-Soundtrack noch beschleunigt werden, erzählt Till Müller-Klug auf höchst unterhaltsame und intelligente Weise davon, wie literarische Sprachproduktion funktioniert, und vor allem, dass Sprache politisch ist. Das wissen nicht nur die „Weltverschmutzer” (Frederic Beigbeder, 39,90) in den Werbe- und Marketingagenturen, sondern das weiß auch die Gedankenpolizei der Political Correctness. `Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt´, wird Ludwig Wittgenstein zitiert, und plötzlich wird klar, worum es der INS, die man unschwer als Abwandlung der real existierenden „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” – einer Propagandaagentur des bundesdeutschen Neoliberalismus – erkennen kann, eigentlich geht: um immer engere Grenzziehungen und damit letztlich um Freiheitsberaubung.
`Nämlich die Worte müssen rein bleiben. Denn […] die Worte fallen in das Getriebe der Welt uneinholbar kenntlich machend die Dinge oder unkenntlich´, sagte Heiner Müller. Auch Till Müller-Klug weiß, dass die Worte das Entscheidende sind und die Fülle der Subtexte, die durch sein sprachmächtiges Hörspiel gehen, macht es – und hier schalten wir den Superlativ-Eliminator aus – nicht nur zu seinem bislang besten, sondern auch zu einem der anregendsten Sprachspiele der gegenwärtigen Hörspielszene überhaupt.”
Jochen Meißner, FUNKKORRESPONDENZ, 27.05.11