DER INNERE INNENMINISTER


3 bis 5 Prozent der Deutschen hören Stimmen. Das kann beängstigend sein oder auch tröstlich. Die Musikerin Bernadette La Hengst hört eine ganz besondere Stimme: die des deutschen Innenministers. Und das ist ziemlich anstrengend. Er mischt sich beim Musikmachen ein, zettelt verfängliche Tischgespräche an und will eine neue Politik-Technologie verbreiten. Freiheit durch oder ganz ohne Sicherheit? Den obersten Schirmherrn der inneren Sicherheit im Kopf zu haben – da kann man ganz schön unsicher werden. Besonders wenn sich die Innenministerstimme als ansteckend erweist und auch in die Köpfe des Publikums einzudringen vermag …
Die Kunstfigur des inneren Innenministers ist zu 100 Prozent aus O-Tönen des Amtsinhabers zusammengesetzt. Offizielle Verlautbarungen und politische Programmatiken werden zum künstlerischen Rohstoff. Eine belebende Schocktherapie zwischen Fiktion, Paranoia und sicherheitspolitischer Realität.

Der innere Innenminister wurde ausgezeichnet mit dem Bremer Autoren- und Produzentenpreis 2008.

CREDITS:

Text und Regie: Till Müller-Klug & Bernadette La Hengst
Spiel und Musik: Claudia Wiedemer & Bernadette La Hengst
Dramaturgie: Nina Tecklenburg
Lichtdesign: Dirk Lutz
Produktionsleitung: Marc Pohl
Regieassistenz und Soundeinspielung: Elisa Liepsch
Fotos: Till Müller-Klug & Renata Chueire
Videodoku: Gerko Egert
Schrift/Abbildung Innenminster: Parole von www.dataloo.de
Eine Produktion von Sophiensaele, FFT Düsseldorf und Alte Liebe Produktionen.
Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds.

TERMINE:

März 2010, Ringlokschuppen Mühlheim an der Ruhr

Oktober 2009, Münchner Kammerspiele

September 2009, Stauerei, Schwankhalle Bremen

September 2009, FFT Düsseldorf

September 2009, at.tension # 3, Theaterfestival Kulturkosmos Lärz

Mai, Juni und November 2009, Sophiensaele Berlin
Uraufführung: 14.05.2009

PRESSESTIMMEN:

“… eine Mischung aus Hörspiel, Performance und Konzert. Claudia Wiedemer … managt als toughe Therapeutin das Bühnengeschehen, bis sie selbst die Stimme der britischen Innenministerin hört. Europa sicher leben, Schäubles Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2007, vervielfacht die internen Kontrollinstanzen.
… Einen cleveren Streich spielen Müller-Klug und La Hengst dem passiven Publikum, das die Selbsthilfegruppe darstellt und nicht um seinen Lerneffekt gebracht werden soll. Am Eingang war man gebenten worden, von einem Blatt Papier ein einzelnes Wort abzulesen und in ein Diktiergerät zu sprechen. ‘Ich” sage ich und siche mir einen Platz im Stuhlhalbkreis. Als die Aufnahme zum Stückende abgespielt wird, höre ich, dass ‘ich’ mich mit meiner vorläufigen Entmündigung einverstanden erklärt habe. Wie schön, keine Verantwortung mehr, nicht mehr Rechenschaft ablegen müssen – wir können Tag und Nacht tanzen, suggerieren unsere Tonbandstimen. Doch das bekomen wir nicht durch bei Claudia und Bernadette, die im Abschlusssong weniger Freizeit und mehr selbst verantwortete Freihheit fordern. ‘Sensationell’, muss sa sogar IM Schäuble zugeben, ‘ich fand’s ganz toll’ – ‘Applaus, Applaus’. Den gibt es reichlich. Nicht nur für die Volte zum Schluss, sondern für durchgängig unterhaltsames engagiertes Theater.”
Elena Philipp, nachtkritik.de, 14.05.09

“Man könnte dem gesampelten Minister fast Sinn für Humor unterstellen – aber die abgründige Komik des Stücks geht doch eher auf das Konto La Hengst/Müller-Klug. … Dabei ist es eigentlich ein ganz charmanter Gedanke, Schäuble sei nur eine paranoide Wahnvorstellung. Was genau der Minitrojaner jedoch vorhat, bleibt sein Geheimnis. Will er wissen, was die Gegenseite so plant? Oder sich als Freund und Helfer inszenieren? Seine Methoden jedenfalls sind klar: Er mischt sich in Dinge ein, aus denen er sich besser heraushalten sollte und kommentiert ungerührt, was ihn nichts angeht – ganz wie im wirklichen Leben.
… schließlich hört sogar das Publikum eine ganze Kakophonie von inneren Stimmen. Vielleicht sind die neuartigen Überwachungstechniken bereits in unseren Alltag vorgedrungen. Gerade noch Treffpunkt einer Therapiegruppe, könnten die Sophiensaele auch schon eine innenpolitische Versuchsanstalt sein. Sind wir nicht alle ein bisschen schizo?
Patricia Hecht, taz, 14.05.09

“Der vom Hauptstadtkulturfonds geförderten Produktion liegt eine hervorragende Idee zugrunde, mit Politik künstlerisch umzugehen. Auch wenn man einräumen muss, dass der Innenminister selbst die Vorlage lieferte. Toll, so über mehr oder weniger fiktive Überwachungstechnologien zu erzählen und das Thema zu brechen. … Das Lachen erhebt sich über das Überwachen und frisst ihm damit die wesentliche Nahrung an Angst und Unsicherheit weg.”
Lucía Tirado, Neues Deutschland, 04.06.09

VIDEOS:

 

Abbildung: Parole von www.dataloo.de

 

Foto: Till Müller-Klug

 

Foto: Renata Chueire

 

Foto: Renata Chueire

 

Foto: Renata Chueire

 

Foto: Renata Chueire